Markkleeberger Stadtjournal

Holocaust-Gedenken am Equipagenweg

„Es regnete in Strömen, als wir uns Leipzig näherten. Man führte uns über kleine Waldwege und wir gingen nachts, sodass wir nichts sahen und wir nicht gesehen werden konnten. Wir konnten die Erschöpfung und die Ungewissheit nicht ertragen…“, zitierte Landrat Henry Graichen die Worte der Holocaust-Überlebenden Dr. Zahava Szász Stessel und begrüßte damit am 27. Januar die anwesenden Bürger, Schüler und Vertreter aus Politik und Vereinen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Er betonte die Würde der jährlichen Gedenkveranstaltung, eine Würde, die den Menschen in Lagern wie dem am Equipagenweg sofort genommen wurde. „Es ist unsere Pflicht, in jedem Jahr aufs Neue zu gedenken und ein Zeichen zu setzen, dass die breite Bürgerschaft gegen Antisemitismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und für das bewusste Erinnern und für Menschlichkeit ist.“

Staatsministerin Petra Köpping zeigte sich erschrocken darüber, dass 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler heute nicht mehr wüssten, was der Holocaust war. Die Gesellschaft müsse wachsam sein, auch im Hinblick auf aktuelle Politik und wieder „in Mode“ kommendes Gedankengut.

Karsten Schütze, der in seiner Funktion als Oberbürgermeister zum zwölften Mal an der Gedenkveranstaltung teilnahm, dankte den Anwesenden für ihr Erscheinen, insbesondere den engagierten Vereinen und Bürgern wie Wolfgang Flohr, der die Markkleeberger Ehrenbürgerin Dr. Stessel zitierte: „Die Frauen und Mädchen in diesem Lager mussten aber nicht nur großes Leid ertragen, sie haben auch Freundlichkeit, Mitgefühl und Solidarität durch andere Menschen erfahren. Diese Menschen waren für sie wie Schneeblumen, die trotz Eiseskälte blühen und Trost und Hoffnung spenden. […] Das Marmeladenbrot, das ein deutscher Ingenieur heimlich an die Maschine meiner Schwester legte. Der kostbare Apfel, den unsere Lagerschwester Elsa Reich mit uns teilte …“ Worte, die zum Nachdenken anregen. Schütze dankte auch Mandy Gehrt vom Verein Kulturbahnhof e. V., der sich an der Gestaltung des neuen, sich noch im Bau befindlichen Denkmals beteiligte. Der Verein betreibt auch die sehr informative Seite www.versteckte-geschichte-markkleeberg.de, die die Schattenseiten der Stadtgeschichte beleuchtet. Abgerundet wurde die Gedenkveranstaltung durch eine Klanginstallation der Leipziger Künstlerin Ingeborg Freytag, die über einen QR-Code an der Informationsstele am Denkmal abgespielt werden kann.

bw

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